Im Herbst vergangenen Jahres haben die Deutschen Bischöfe mit Ihrem Schreiben „Gemeinsam Kirche sein“ ein Ausrufezeichen gesetzt. Es ist ein Statement für eine erneuerte Pastoral, die sich gründet in einer Re-lecture des II. Vatikanischen Konzils.

Dabei greifen sie theologisch auf, was pastoral seit einigen Jahren ins Rollen kommt. Es geht nicht mehr zuerst und vor allem um Strukturen, die eine bestimmte gewachsene Kirchengestalt erhalten sollen. Es geht nicht einfach um eine Fortschreibung bisheriger gemeindeorientierter Pastoral.

Es geht um einen neuen Ansatz, der sich aus einer sendungssensiblen Volk-Gottes-Theologie, wie sie in Lumen Gentium und Gaudium et Spes skizziert wird, entwickelt.

In den weltkirchlichen Kontexten hat sich eine tendenziell basiskirchliche Gestalt der Kirche durchgesetzt, die auf der gemeinsamen Würde aller Getauften gründet und in einem weiten theologischen Verstehen der Partizipation ihren Focus hat. Was deswegen in deutschen Diözesen im pastoralen Ansätzen der Lokalen Kirchenentwicklung, der Rede von einer Kirche der Beteiligung, der Idee der „Small Christian Communities“ seinen Ausdruck findet, ist ein prozessorientierter und visionsgeleiteter Zugang zu einem pastoralen Kulturwandel – einem echten Paradigmenwechsel

In den vergangenen Jahren haben wir im Bistum Hildesheim häufig als Drehscheibe und Kommunikationsplattform für diesen Entwicklunsgprozess gedient. Mit Summerschools, Kongressen und Studientagen haben wir theologische wie praktisch erste Impulse setzen können. Im Hintergrund stand dabei seit 2009 der intensive Kontakt und das intensive Lernen mit dem Team des Pastoralinstituts Bukal Ng Tipan in Manila.

Inzwischen gibt es in Deutschland und im deutschsprachigen Raum nicht nur eine „Summerschool“, sondern mehrere diözesane „Schools“, wo Pfarreien sich auf den Weg machen können. Es gibt Studienreisen vieler Diözesen, Kongresse und Pilotprojekte in vielen Diözesen. Der Prozess ist auf dem Weg

Mission accomplished? Noch nicht ganz. Die eigentliche Frage ist im Moment die nach dem „Wie“ dieser Prozesse. Im Grunde stehen nicht viele, aber doch einige Pfarreien am Anfang ernsthaft zielorientierter Erneuerungsprozesse. Sie sind noch „Einzelfälle“ in ihren Diözesen, gewissermaßen „Frühblüher“ – und sind in spannenden Lernprozessen.

So entstand eine Idee: könnten wir nicht, in einem Doppelschritt, zum einen diözesane Verantwortliche dieser Pilotpfarreien, zum anderen die Teams dieser Pilotpfarreien, in einem Netzwerk verknüpfen, und so zu einer gemeinsamen Lernbewegung kommen?

Mit ganz einfachen Regeln: einmal im Jahr finden gemeinsame Studien- und Austauschtreffen statt – sowohl mit den diözesanen Verantwortlichen und den Pfarreien, die auf dem Weg sind. Zugleich wäre es spannend, wenn es zu wechselseitigen „Exposure“ und somit „Lernbesuchen“ der Pfarreien kommt, wo ein gemeinsames Lernen möglich ist…

Soweit die Idee.

 

Ein spannender Auftakt

Am 16. Und 17. Juni dieses Jahres starteten wir einen ersten Versuch in Göttingen. Ganz in der Nähe vom Bahnhof liegt die Katholische Pfarrei St. Godehard, also gut erreichbar für alle. Zusammen mit unserem Team aus Hildesheim und dem Team aus Bukal Ng Tipan haben wir uns an einem ersten Tag mit Verantwortlichen aus 12 Diözesen getroffen, um die Idee eines Netzwerkes zu reflektieren und mögliche Perspektiven auszuloten. Es ist ja nur ein Anfang, und kein exklusiver Kreis – aber es brauchte ja dennoch eine gemeinsame Verständigung über den Sinn und die Richtung unserer Initiative.

Es war ein spannender Tag, denn nach einem ausführlichen Austausch sind wir mehr als je davon überzeugt und begeistert davon, eine solche Lerngemeinschaft in ihrer doppelten Dimension der Verantwortungsträger und der Pfarreien zu starten.

Drei Horizonte unserer zukünftigen Arbeit schienen auf:

  • Es geht darum, gelungene Erfahrungen ansichtig zu machen und zu reflektieren
  • Wir können einander wichtige Arbeitstools zur Verfügung stellen
  • Theologische Fragen werden zu reflektieren sein, die sich aus diesen Prozessen ergeben.

Damit ist für das Treffen im nächsten Jahr eine doppelte Zielrichtung gegeben: neben dem Austausch braucht es ein theologisches Nachdenken über die Prozesse selbst. So werden wir es im nächsten Jahr machen!

 

Voller Begeisterung

Fast 60 Teilnehmende aus 10 Pfarreien sind am nächsten Tag im selben Pfarrzentrum. Große Gastfreundschaft. Tolle Stimmung. Nach einer Vorstellung und einem Eintauchen in die Schrift kommt es zu einem lebendigen Austausch zwischen den Pfarreien. Und das ist das eigentlich Spektakuläre dieses Tages. Denn ein solcher Austausch macht enorm viel Mut. Es wird ja auch deutlich, dass alle am Anfang mit ähnlichen Herausforderungen zu leben haben. Nicht alle, die kommen wollten, konnten kommen. Und viele Pfarreien, die im Aufbruch sind, haben noch nichts davon gewußt. Aber es ist ja ein erster Anfang!

Im Laufe des Tages wächst die Lust am gemeinsamen Weg immer mehr, und es ist spannend zu sehen, wie leicht und locker der gegenseitige Austausch ist – und die Lust, voneinander zu lernen. Termine wurde ausgemacht, Pärchen von Pfarreien bildeten sich schnell. Am Ende haben wir gefragt: Welche Hoffnung verbinden wir mit einem Netzwerk LoKi? Welche konkreten Schritte könnten wir gehen? Welche Unterstützung brauchen wir?

Es wurde deutlich, dass es diese wechselseitige Inspiration braucht, das gegenseitige Treffen. Und so wird es im nächsten Jahr sein. Wir werden im Herbst eine Online Plattform errichten, auf der dann auch der Austausch, das Lernen voneinander und die Kontaktaufnahme möglich wird. Und im nächsten Jahr treffen wir uns – mit einer Übernachtung – wieder: vom 23. Juni (Freitagnachmittag) bis zum 24. Juni mittags.

A presto!

 

Die Internetadresse ab Oktober 2016: www.lokale-kirchenentwicklung.de