Gemeinsam auf dem Weg sein, gemeinsam eine Wahrheit entdecken, gemeinsam neues erfahren – daraus lebt die Verheißung Gottes an sein Volk. Im theologischen Fachchinesisch geht es um die „Synodalität“. Aber was heißt das konkret, dass eigentlich das innerste Wesen der Kirche synodal ist? Und was bedeutet das für die Transformationsprozesse unserer Kirche – und vor allem: was bedeutet das für die vielen wichtigen Themen einer Kirche in der Zeitenwende?

Es ist nicht so einfach, wie populäre Narrative es gerne darstellen: eine Fixierung auf ein Oben-Unten ist nicht einfach zu lösen. Klerikal und antiklerikal unterscheidet sich in der Konzentration auf Kampfthemen gar nicht so sehr. Das Ringen um Macht ist allgegenwärtig. Mit Druck von unten gegen den Druck von oben, egal ob real, gefühlt oder tausendmal traumatisierend erfahren, löst sich die Gefangenschaft in alte Muster nicht auf. Ist also Synodalität ganz einfach Demokratie und Abstimmung? Keine Frage, gegenüber autokratischen und hierarchischen Systemen ist die Demokratie ein enormer Gewinn: Themen und Macht werden ausgehandelt, Kompromisse sind das Ergebnis. Es geht nicht zuerst um Wahrheit, es geht um Durchsetzbarkeit – starke Fortschritte sind nicht zu erwarten, eher kleine. Und es wird geredet. Endlich auf Augenhöhe. Auch das gilt es zu lernen – auch das ist nicht einfach, vor allem dann, wenn Emotionen zu alten Freund-Feind-Metaphern führen, und einander Traditionsvergessenheit oder Traditionalismus vorgeworfen wird. Es ist schwerer zu reden, wenn der andere oder die andere mich für blöd, vernagelt oder einfach nur zurückgeblieben hält.

Diese Übungen, die wir beim Synodalen Weg erlebt haben, sind ein wichtiger Schritt, um eine klerikale Mentalität hinter sich zu lassen. Sie sind ein erster Schritt. Denn Synodalität meint offensichtlich mehr, weil sie nicht auf notwendigen postklerikalen demokratischen Machtausgleich zielt, sondern eine Grundhaltung auf den Weg bringen möchte, die herausfordernd ist.

Eigentlich geht es darum, einen Raum des Hörens zu eröffen: ein Raum, in dem jeder und jede intensiv dem Anderen so zuhört, dass er das Fremde in sich aufnehmen kann; ein Raum, wo wir nicht den Anderen überzeugen wollen, sondern in eine Gemeinschaft treten, die offen ist für allen unbekannte Wahrheiten ist; ein Raum, wo wir darauf verzichten, Besitzer der Wahrheit zu sein, weil die Wahrheit erst entdeckt werden will – von uns allen. Klingt utopisch? Zu wenig praktisch? Zu spiritualisierend?

Vor kurzem ist mir – nach langer Zeit – eine gute Freundin aus den Philippinen begegnet. Sie erzählte vom Synodalen Prozess in Asien. Auf allen Ebenen der Kirche fand ein intensives Austauschen, ein Hinhören und viel Stille statt, an deren Ende das Gehörte zusammengetragen wurde. Ein solcher Prozess, so sagte sie, hat der Kirche neue Hoffnung und Lebenskraft geschenkt: das Hören brachte neue Energien, neue Geistkraft. „Wie ist das bei euch? Habt ihr auch neue Energie gefunden?“, war ihre Frage.

Vielleicht ist das – jenseits aller synodalen Bemühungen – die Frage der Fragen. Denn das gemeinsame Hören, das gemeinsame Entdecken und die gemeinsamen neuen Erfahrungen sind ja für jedes Miteinander von Menschen und von Christen wesentlich. Und am Ende darf immer die Frage stehen: Haben wir erfahren können, dass Gottes Geist uns neues Leben geschenkt hat?